Die archäologische Erschließung und Ausgrabung des einstigen Pauliner-Klosters in der Gemeinde Vállus wird auch in diesem Jahr in Gemeinschaftsfinanzierung fortgesetzt, sagte die Leiterin der Ausgrabungen, Lívia Simmer, dem Internetportal hirbalaton.hu gegenüber.
„Das Gebiet unweit von Keszthely wird von den Mitarbeitern des Göcseji Museums Zalaegerszeg und des Balaton Museums Keszthely erforscht, die Finanzierung des Projektes sichern neben der Selbstverwaltung der Gemeinde Vállus auch Spenden von hier ansässigen Unternehmen und von Privatpersonen.“
Die Ausgrabungen rund um das St.-Nikolaus-Kloster ergaben, dass das Kloster im 13. Jahrhundert errichtet wurde und anschließend hier dauerhaft 4-5 Mönche lebten. Bauten aus dieser Zeit sind in Ungarn wegen der Zerstörungen in den Türken- und den Freiheitskriegen des 16.-18. Jahrhunderts äußerst selten und für die Geschichte des Landes sehr wertvoll.
Der Paulinerorden ist zudem der einzige in Ungarn gegründete Orden und hat bis heute große Bedeutung für die christliche Kirche. Er wurde 1250 vom seligen Eusebius – Boldog Özséb – aus Esztergom gegründet.
Eusebius vereinte in Ungarn und Kroatien lebende Eremiten, die ihr Leben den Regeln des Hl. Augustinus unterwarfen. Zum Patron und Vorbild bestimmten die Mönche den Hl. Paulus von Theben, den „ersten Eremiten“. Der Orden wurde 1270 vom Heiligen Stuhl anerkannt. Der Habsburger Kaiser Joseph II. verbot 1786 in seinem Reich den Orden nach mehr als 500 Jahren des Bestehens und Wirkens. Nach kurzer Rückkehr in den 1930-iger Jahren wurde der Paulinerorden 1951 in Ungarn erneut verboten und erst 1989 wieder zugelassen. Die Felsenkirche in Budapest, die Marienkirche Márianosztra Börzsöny, die Paulinerkirche in Pécs, Petőfiszállás-Szentkút und das Kloster Erdőkürt werden seitdem vom Paulinerorden in Ungarn betreut. Landesweit gehören heute etwa 25 Mönche dem Paulinerorden an.
Weltweit gibt es heute in 16 Ländern und 65 Klöstern etwa 500 Pauliner. Das Zentrum des Ordens ist das Paulinerkloster Jasna Góra in Częstochowa in Südpolen, einer der bedeutendsten Wallfahrtsorte der römisch-katholischen Kirche. Mit der wundersamen Ikone der Schwarzen Madonna von Tschenstochau gilt das Kloster auch als das wertvollste Nationalheiligtum Polens und zählt jährlich mehr als 3 Millionen Besucher.
Die Ausgrabungen wurden in diesem Jahr von 15 Freiwilligen unterstützt. Nicht nur für sie, sondern auch für die Archäologen ist es ein spannendes Erlebnis, zwischen Bäumen tief im Wald zu arbeiten. Bei den diesjährigen Grabungen wurde neben schönen Säulenresten auch der Altar der Klosterkirche gefunden, so Lívia Simmer. „Die Archäologen staunen anhand der Fundstücke bei den Ausgrabungen immer wieder aufs Neue, wie groß das Kloster gewesen sein muss“, sagte der Direktor des Balaton Museums, Bálint Havasi. „Die bisher ausgewerteten alten Aufzeichnungen und einschlägige Fachliteratur ließen hier kein so großes Gebäude vermuten.“
Der Fund eines Wiener Pfennigs ist der Beweis dafür, dass das Kloster mindestens seit Ende des 13. Jahrhunderts gestanden hat. Interessant sind auch ältere Funde, die ein Beleg für die Besiedlung der Region schon vor 1000 v.Chr. sind. Bei den Ausgrabungen wurden zahlreiche Keramik-Scherben aus der späten Bronzezeit gefunden.
Die Klosterruine von Vállus liegt 400 Meter vom Fernwanderweg „Országos Kéktúra – Blaue Landestour“ (OKT) entfernt, der über 1128 Kilometer vom Geschriebenstein über Budapest nach Hollóháza führt. „Deshalb ist es für uns ein wichtiges Ziel, die Klosterruine für Wanderer, aber auch für Teilnehmer des spiritueller Tourismus so bald als möglich zugänglich zu machen“, so Bürgermeister Béla Herczeg. „Wir würden uns auch sehr darüber freuen, wenn die Besucher die Ruhe und Spiritualität unseres Ortes schätzen lernen, sich hier niederlassen und damit den Fortbestand der 130-Seelen-Gemeinde sichern helfen.“